Es ist dunkel. Nur schwach scheint das Licht des Mondes und der Sterne in das Zimmer. Salkya versucht nochimmer verzweifelt sich gegen die Fesseln zu wehren, die man ihr angelegt hat. Die drängende, befehlende Stimme, der sie sich nicht widersetzen konnte, schweigt. Seit dem die Männer den Raum verlassen und die Tür hinter sich geschlossen hatten, hat ER kein Wort mehr gesagt. Die junge Frau friert und das, obwohl man sie zugedeckt hat. Deutlich spürt sie die stabilen Lederbänder, die ihre Hand- und Fußgelenke halten. Kaum eine Hand breit kann sie sie vom Bett fortbewegen. Dennoch zerrt sie immer wieder daran. Sie hat Angst. Die Praioten damals hatten sie zwar eingesperrt, aber gefesselt hatten sie sie nicht und auch ihr Onkel war nie so weit gegangen. Was haben diese Leute hier nur mit ihr vor? Sie kann sich kaum erinnern was geschehen ist, wie sie überhaupt in diese Lage gekommen ist. Nur verschwommen, wie durch einen Schleier, sieht sie Männer, die sie festhalten; erkennt, dass sie reden, aber die Worte erreichen sie nicht.
Irgendwann erlahmt ihre Kraft. Sie wird diese Fesseln niemals lösen können. Hätten sie sie wenigstens nicht allein gelassen, so aber fühlt sie sich hilfloser als je zuvor in ihrem Leben. Wenn sie den Kopf wendet, kann sie, durch die Gitter, aus dem Fenster schauen. Erschöpft schließt sie die Augen.
"Und deshalb sollet ihr erhängt werden, bis das der Tod eintrete und eure Leiber daraufhin dem reinigenden Feuer übergeben werden. Für PRAios, Recht und Ordnung. Es sei!" Zwei kräftige, in reinweiße, mit Sonnensymbol bestickte, Gewänder gekleidete Bannstrahler ziehen zwei gefesselte Menschen nach oben, nehmen ihnen damit die Luft zum atmen.
Erschrocken reißt Salkya kaum einen Herzschlag später die Augen wieder auf, aber sie kann das Bild nicht bannen. Ein Bild, dass sie schon in endlosen Träumen verfolgte: "Mami... Papi...," dringt heiser aus ihrer Kehle. Tränen beginnen ihr die Sicht zu verschleiern. Sie will sich zusammen rollen, aber die Fesseln verhindern das und resigniert gibt sie auf. 'Ich hab es dir gesagt. Wie oft habe ich es dir gesagt, aber du wolltest ihnen vertrauen,' eine leise, vorwurfsvolle Stimme dringt aus ihrem Innersten heraus an ihr Bewusstsein. Salkya bemerkt die versteckte Schadenfreude nicht und irgendwie ist sie erleichtert, dass wenigsten ER noch da ist und ihr zumindest nicht böse zu sein scheint ob ihres Versagens. "E- es tut mir leid," flüstert sie leise und wenn sie gekonnt hätte, würde sie den Kopf senken. 'Sie wollen dir schaden. Dich quälen. Sie haben dich angelogen, damit du nicht fortgehst, damit du ihnen gibst, was sie von dir wollen. Du bist die Auserwählte. Sie wollen deine Kraft. Sie haben versprochen dir nicht weh zu tun und nun sieh dich an. Oder willst du mir etwa sagen, dass es dir gut geht?' Die junge Frau schüttelt den Kopf nur um kurz darauf schmerzerfüllt zusammen zu zucken. Ihr Kopf scheint explodieren zu wollen. "I- ich konnte es doch nicht wissen... bitte ... es ... es tut mir leid," murmelt sie leise, schuldbewusst. 'Du hast jämmerlich versagt,' die Kälte in der Stimme lässt ihr einen eisigen Schauer über den Rücken laufen. 'Ich werde dich einfach hier liegen lassen... Ihnen und ihrer Willkür ausgeliefert.' Salkya zittert hilflos und heiße Tränen rinnen ihr über die Wangen: "Nicht ... b- bitte ...." Sie verstummt kurz und fährt kurz darauf noch leiser fort: "... nicht du auch..." Sie erhält keine Antwort; nur endloses Schweigen. "Nicht allein lassen ... bitte ..." Verzweifelt versucht sie erneut sich unter die Decke zu verkriechen, sich zusammen zu rollen, aber die Fesseln halten sie fest.
Endlose Zeit scheint zu vergehen. Stunden in denen die Einsamkeit sich tief in ihr Herz frisst und sich zu jener gesellt, die sie seit dem Tod ihrer Eltern verspürte. Wut kommt in ihr hoch, unbändige Wut, aber sie schluckt sie hinunter, wo sie sich vermischt mit dem Hass ihrer Kindheitstage. Hass auf die Praioskirche, die ihr die Eltern, das Zuhause, ihre Freiheit genommen hat, die ihr alles weg genommen hat was zählt. Hass auf ihre Lehrer, die Dinge von ihr verlangten, die sie nicht tun wollte, die sie zu einer Magierin machen wollten; etwas das sie niemals sein will. Ihr größter Hass aber gilt ihrem Onkel, der den Tod ihrer Eltern zugelassen hat, der nichts getan hat um ihr zu helfen, der sie gezwungen hat die Akademie zu besuchen und der sie, nachdem das nicht geklappt hat, zahllose Male eingesperrt und bestraft hat um doch noch sein Ziel zu erreichen, der sie an die Praioten ausliefern wollte und selbst ihren Tod hingenommen hätte. "Warum ich?" ihre Worte sind leise, kaum zu vernehmen: "Lasst mich doch einfach alle in Ruhe..." - 'Weil du die Auserwählte bist.' Salkya starrt resigniert in die Dunkelheit: "Aber ich will es nicht sein." - 'Das ist nicht deine Entscheidung,' antwortet ER kalt und schweigt dann wieder.
Langsam wird es etwas heller in dem Zimmer. Die Nacht scheint vorbei zu sein und hat einem neuen Tag Platz gemacht. Draußen ergießt sich EFFerds Segen reichlich über das Land. Salkya blickt stumm auf die weiß getünchte Decke. Ihre Kopfschmerzen haben sich kaum gebessert und auch ihre Hand- und Fußgelenke brennen unangenehm. Sie ist müde, aber an Schlaf ist nicht zu denken. ER hat sich nicht mehr zu Wort gemeldet, aber sie weiß, dass ER da ist, auch wenn sie nicht begreift wie, oder warum.
Ruhollar
Nachdem sich der Krampf ein weinig gelöst und die Übelkeit ein erträgliches Maß erreicht hat, wendet sich Ruhollar an den jungen Tsa-Novitzen mit der Bitte seine Schnittwunde an der linken Hand zu versorgen. Den Tritt hat er wohl verdient nachdem er die arme Bruderschwester Fuxfell niedergeschlagen hat. Aber der Schnitt ? Was soll´s er hat einen Schwur zu halten. Nachdem die Schnittwunde, mehr schlecht als recht, verbunden ist macht er sich, noch immer leicht schwankend und nach vornüber gebeugt, auf den Weg Salkya zu finden.
Wohin hat man die Arme verschleppt? Immer wenn man einen dieser Noioniten benötigt ist keiner zugegen. Egal die erste Tür wird von Ruhollar aufgerissen. Verdammt das ist das Zimmer dieser verwirrten garetischen Kriegerin. Nach einer schier unerträglichen Zeit später erreicht er eine verschlossene Tür. Er klopft an die schwere Eichentür. „Salkya seid ihr da drin“? Keine Antwort. Aber es scheint jemand in dem Zimmer zu sein. Erneutes anklopfen. Diesmal schon stärker. Immer noch keine Antwort. Aber war das nicht ihre Stimme. Wie im Fieberwahn ertönen durch die geschlossene Tür bruchstückhafte Worte. Ja es besteht kein Zweifel. Hinter dieser Tür muss die Bruderschwester Salkya befinden. Er hämmert nun gegen die Tür. Seine Fäuste fangen schon an zu schmerzen und noch immer keine genaue Antwort. Es hilft nichts, er muss da rein. Ein wenig Anlauf und mit der Schulter….. Mist, nicht die Tür gibt nach sondern …... Es hat keinen Zweck, das gibt nur eine ausgerenkte Schulter. Die Eichentür wird so nicht zu öffnen sein. Wo stecken nur alle? Sollte er sich auf die Suche nach den Brüdern des Herren Borons begeben? Nein, er hat Salkya geschworen an ihrer Seite zu sein und sie zu beschützen komme was da wolle.
Oh, Rur was für einen Weg weist du mir? Sollte sie die Bruderlose… Nein…das kann nicht sein. Sie ist vielleicht fehlgeleite, aber bestimmt nicht bruderlos. Das Bruderlose versucht sie auf seine Seite zu ziehen. Ganz so wie vor einigen Götterläufen bei ihm.Sie darf nicht nachgeben. Er wird sie davon abhalten den Verlockungen zu folgen. So etwas wie ihm wiederfahren ist…. Nein das darf nicht sein.
Wieder hämmert Ruhollar an die schwere Tür. „Salkya haltet durch, ich werde in eurer Nähe wachen wenn es sein muss bis…“
Wo sind denn nur alle? Ruhollar versinkt in seine Gedanken.
Nie wieder in einer Armee von Untoten kämpfen. Was musste ich auch meinen Nebenbuhler an die Besatzer verraten? … Meine Geliebte Insel. Wann werde ich endlich wieder nach Hause, nach Sinoda reisen können. Zu meiner geliebten Frau und meinen beiden Kindern. Was sie wohl gerade……
Das nächste was Ruhollar wahrnimmt, ist die aufgehende Praiosscheibe und das gleichmäßige trommeln der Tropfen auf die Holzschindeln.
Bruder Waldemar
Nachdem Bruder Menekath und er die vier "Todgeweihten" aus der neuen Boron-Kapelle im alten Studierzimmer des Magister Nefas mit den Segnungen für angenehme Träume entlassen hatten, wendet er sich seinen Brüdern im Geiste zu und spricht:
Nun denn, meine werten Brüder im Geiste, laßt uns über den Körper Mutter Marbeijas bis zur Boron-Stunde wachen und beten, daß der Alp in ihm gefangen ist und bleibt.
Sodann kniete er sich nieder und stimmte erneut den Choral der Vergänglichkeit an: "Schweigen umfängt die sterbliche Hülle, harrend in der Vergänglichkeit. Hör das Lied der Schwingen, sie klingen vom Nirgendmeer. Frieden bringen sie der Seele, Träume bis in Ewigkeit!"
Als die Boron-Stunde begann, erhob er sich zusammen mit seinen Mitbrüdern und hielt eine kurze aber dennoch intensive stille Andacht für Mutter Marbeija und ein inniges Gebet, daß ihre Seele gnädig in Borons Hallen aufgenommen werden möge.
Danach läßt Bruder Waldemar die fünf Kerzen und das Räucherwerk verlöschen und atmet die aufsteigenden Fahnen noch einmal tief ein: Herr Boron, ich lobe Dich und die Deinen!, hört man ihn leise sprechen.
Er dreht sich zu Bruder Haldor und Bruder Salvestro um und meint: Was ist eigenlich aus Salkya geworden? Ist sie, um Schaden vor sich selbst und anderen abzuwenden, sicher betreut? Ich habe ihr versprochen, mich um ihr Seelenheil zu kümmern, sobald wir diesen schlechten Traum hinter uns gelassen haben. Die Zeit ist reif, dieses Versprechen einzulösen. Mit einem Seitenblick sieht er durch ein Fenster, wie sich die Praios-Scheibe langsam über den Horizont erhebt.
Bruder Waldemar,
ich möchte die Gelegenheit nutzen, um euch für die wohl gewählten Worte zu danken. Ich bin zutiefst beeindruckt von eurem intensiven Glauben und der Hingabe mit der Ihr diese Aufgabe erfüllt. Ich denke allein hätte ich diese Aufgabe nur schwerlich meistern können. Ich will hiermit allerdings nicht den Einsatz und Glauben der Brüder Salvestro und Haldor schmälern. Nochmals meinen tiefen Dank und mögen Boron und Marbo stets wohlwollend auf euch schauen.
Ich lies Haldor die Verwirrte Salkya in einen abgelegen Raum sperren, weil wir uns zunächst um das Schicksal derjenigen zu kümmern hatten, die vor Marbo treten mussten und unseren ganzen Beistand nötig hatten. Diese Aufgabe war wesentlich bedeutenden als die Arme zu betreuen, die noch deutlich unter den Lebenden weilt, deren Geist wohl umnebelt ist. Wodurch auch immer. Ich habe die Geschichte dieser armen Seele nicht verfolgen können, da ich mich zwischenzeitlich Bishdariel anvertrauen musste. Vielleicht mögt Ihr mich kurz einweihen in die Fakten und wir wollen dann gemeinsam schauen, was wir tun können.
Menekath
Werter Bruder Menekath,
ich danke Euch für Eure offenen Worte. Es war mir eine Ehre Euch und Bruder Haldor in dieser ungewöhnlichen Situation unterstützen zu können. Ohne Bruder Salvestro wäre dies jedoch nicht so problemlos gelungen. Die doppelte Weihe dieses Raumes, nachdem die Boron-Kapelle geschändet worden war, hat uns alle näher zusammengeführt, um dem EINEN zu dienen. Möge der göttliche Rabe uns allen seinen Segen auch weiterhin gewähren.
Was die arme Salkya an geht, kann ich Euch folgendes berichten. Ich hoffe, daß ich alle Fakten richtig wiedergebe und das boronische Geschenk des Vergessens noch nicht zu große Löcher in meine Erinnerungen gebracht hat.
Salkya erzählte mir während meiner letzten Sitzung mit ihr, daß sie in Gareth bei ihrem Onkel gelebt hat. Sie trägt den magischen Funken in sich und sollte, nachdem ihre Eltern gestorben waren, auf eine magische Akademie gehen, um ihre Gabe zu lenken zu lernen, wohin ihr Onkel sie zwangsweise schickte. Sie wollte die Gabe gerne erlernen, aber nicht auf die Weise, die in der Akademie gelehrt wurde. Sie "rebellierte" gegen ihre Lehrer und der Onkel bestellte einen Praios-Diener ein, er ihr die Gabe nehmen sollte, damit sie keinen Funken mehr in sich tragen würde. Sie erfuhr von diesem Plan und suchte ihr Heil in der Flucht aus Gareth heraus. Soweit sie sich noch erinnern kann, ist sie aus Gareth heraus gekommen, auf dem Weg gen Rahja, aber kurze Zeit später von der Reichsstraße abgebogen und sich durch das Dickicht geschlagen. Dann verlassen sie ihre Erinnerungen an die "alte Zeit" und setzen erst wieder ein, als sie sich hier in Eurem Hause wiederfand. Durch meine Vision, die mir Boron in seiner göttlichen Gnade sandte, weiß ich, daß Sie verwirrt durch den Wald tappte, als sie das heruntergefallene Boronsrad von Bruder Balthasar aufhob. Danach wurde sie von Leuten gefunden und hier her gebracht.
Ich denke, dies sind alle Informationen, die ich Euch mitteilen kann. Vielleicht haben die Brüder Haldor und Salvestro noch weitere Fakten.
Schlaf.. ich wünschte ich hätte schlafen können nach den Ereignissen der letzten Nacht. Mit schweren Augen Blicke ich Bruder Menekath an.
"Salkya ist in einer Kammer im Patiententrakt untergebracht Bruder Menekath. Leider musste ich sie binden lassen. Es dürfte ihr kein Schaden entstanden sein, mein Wort darauf, auch wenn ich nicht weiss, was ihr das Eingesperrtsein selbst angetan hat."
Ich zögere einen Moment, unsicher ob das was ich gesagt habe Sinn macht.
"Ich hoffe sehr das wir bald zum gewohnten Tagesablauf zurückfinden können. Unser Werk hat so sehr unter den Ereignissen der letzten Tage gelitten. Eine Rückkehr zum gewohnten Tagesablauf würde auch unseren Patienten gut tun."
Erschöpft neige ich den Kopf. Eine Rückkehr zum gewohnten Tagesablauf würde auch mir gut tun. Meine Gedanken schweifen ab und ich denke einen Moment an die "Missa ad corvi cantum" die bald stattfinden sollte, bevor mich die Erinnerung an Bruder Waldemars Frage in zurückholt.
"Bruder Waldemar, wart Ihr nicht mit Schwester Marbeija in einer Sitzung um die Träume der armen Salkya zu ergründen? Ich weiss nicht was geschenen ist, ich musste fort und Schwester Marbeija wollte mich nicht an ihren Erkentnissen teilhaben lassen. Hat sie sie wohlmöglich mit in Borons Hallen genommen?"
Mein Blick streift den toten Körper der ehrwürdigen Schwester und ich erschaueren bei dem Gedanken das er jetzt ein Gefängnis ist für eine niederhöllische Wesenheit.
Boron gib mir Ruhe und Kraft.
(Haldor)
Mit einem letzten Blick über die Schulter sah Joolayn wie sie Salkya wegtrugen. Auf seine Bitte hin folgte Layla ihnen und kurz darauf war auch sie nicht mehr zu sehen. Noch immer wälzte sich Ruhollar vor Schmerzen, doch auch wenn Joolayn in den letzten Tagen viele Wunden versorgte, konnten diesen Schmerz nur die Zeit heilen. Als Ruhollar sich aufrichten konnte, noch immer von Schmerzen sichtlich geplagt, verband der gedanklich abwesende Tsa-Akoluth noch schnell die Schnittwunde Ruhollars. Die fast schimpfenden Kommentare, die Ruhollar zu seinem Verband von sich gab, nahm er kaum wahr, als er sich aufmachte Layla und Salkya zu suchen. Schon auf dem Weg den er vermutete traf er auf Layla, schweigende zeigte sie ihm den Weg.
Als sie ankamen standen sie vor einer verriegelten Tür, welche zu dem wohl abgelegensten Raum dieses Sanatoriums führte.. „Ist sie dadrin?“ flüsterte Joolayn fragend, Layla konnte nur nicken. Bestürzt sank er auf die Knie, traurig und stark von sich enttäuscht zugleich. „Warum konnte ich ihr nicht helfen?“, dachte er. Er spürte, wie Layla ihn umarmte, und auch wenn dies nur ein kleiner Trost zu sein schien, war es wichtig für ihn, nicht alleine zu sein, so alleine wie Salkya in diesem Augenblick. Layla und Joolayn gingen auf die Suche nach Ruhollar, doch auch nach langen Suchen fanden sie zwar viele Leute, die ihn gesehen hatten, doch er selbst schien verschwunden.
Erst nach wenigen Stunden fanden sie ihn, anscheinend hatte er Salkya von alleine gefunden. Er saß direkt vor der Tür und muss schon seit mehr als einer Stunde Wache gehalten haben. Layla deckte ihn mit ihrem wärmenden Firnelfen-Umhang zu und ging auf Joolayns Bitte selbst etwas Schlaf einholen. Dann stellte er sich in die Ecke des Raumes, mit einem guten Blick auf die Tür. Fest entschlossen die ganze Nacht Wache zu halten… schlief er nach weiteren 5 Minuten ein.
Langsam öffnete Joolayn seine Augen, es wurde langsam heller, die Sonne müsste jede Minute aufgehen. Er entschloss sich vor der Tür zu warten.
Nachdem Ruhollar erwachte, benötigt er doch einige Zeit um sich zurecht zu finden. Eine Nacht auf dem harten Steinboden habe deutliche Spuren hinterlassen. Sein Rücken schmerzt, seine Beine und Arme sind taub. Die 42 Götterläufe haben seine Knochen nicht geschmeidiger gemacht. Benommen streckt er sich. Sein Blick fällt auf Joolayn. „Oh ihr seit hier… Preiset die Schönheit Bruderschwester. Bitte tut mir den Gefallen uns sucht irgendjemanden der diese verdammte Tür öffnen kann. Ich muss sofort da rein. Die arme Salkya benötigt Hilfe. Bitte eilt Euch…“ Er schaut Joolayn eindringlich an…..
Bruder Waldemar schaut Bruder Haldor an und denkt sich:
"Ja, sieht recht geschafft aus, der Gute. Er sollte dringend den Weg in Borons Arme suchen, aber wir sind hier, um zu dienen und zwar dem göttlichen Raben, den Hilflosen und dann erst uns selbst. Ob er sich bei seiner Entscheidung in die Bor-Kirche einzutreten dessen bewußt war? Ich habe sehr lange gebraucht, bis ich dem Rufen folgen konnte und habe mich langsam daran gewöhnt, aber die jüngeren Novizen werden von den Ereignissen der heutigen Zeiten geradezu überrollt und müssen den Weg dabei trotzdem zielsicher beschreiten. Wenn wir der armen Salkya geholfen haben, werde ich mich für eine Weile in den Dienst dieses Klosters stellen und versuchen nach meinem besten Wissen und Gewissen Bruder Menekath zu unterstützen."
Dann spricht er:
"Bruder Haldor, Ihr habt recht. Ich war zusammen mit Bruder Salvestro und Schwester Marbeija in dem Traum von Salkya. Wir haben mit angesehen, wie sie gebunden in einem Beschwörer-Kreis lag und ein Magiebewanderter eine Kreatur der Niederhöllen beschwor, was ihm auch gelang. In seinem Hochmut hat dieser Paktierer jedoch seinen eigenen Schutzkreis verlassen und wanderte herum, während er mit Salkya und dem Dämon sprach. Er gab der Wesenheit Anweisungen, sich an Salkya zu laben. Dabei überschritt er jedoch die Grenze des Opfer-Zirkels ohne es zu bemerken und wurde prompt von dem Dämon zerrissen. Nachdem dieser sich an seinem Beschwörer gerächt hatte, widmete er sich Salkya, die sich in der kurzen Zwischenzeit aus dem Zirkel geflüchtet hatte, allerdings nicht weit genug. Das niederhöllische Gezücht drang dann in Salkya scheinbar ein und der Rest war Schweigen."
Bei diesem Gedanken an den Traum gehen Bruder Waldemar noch einmal die Bilder durch den Kopf. Sein Gedächtnis über die gesprochenen Worte scheint jedoch wie weggewischt. Er denkt sich:
"Ja, Bilder, Gesichter, das kann ich mir merken, aber Worte sind nichts als Schall und Rauch. So schnell vergangen. Boron sei mir gnädig!"
Er schüttelt den Kopf und sagt:
"Das war es, an mehr kann ich mich nicht erinnern. Ich denke, wir sollten die Arme jetzt ganz dringend aus Ihren Fesseln entlassen. Bruder Haldor, bitte führt uns zu der erwähnten Kammer!"
"Sicher, folgt mir."
Ich schreite voran aus dem Studierzimmer und am Refektorium vorbei, wo wir kurz stehen bleiben, weil ich einen der Bediensteten ermahnen muss die Tische ordentlich zu säubern.
"Bitte verzeiht die Unterbrechung meine Herren, aber seit Jelko verschwunden ist herrscht immernoch Unordnung im Hausstand. Folgt mir bitte weiter."
Wir passieren das Dormitorium, wo sich bereits viele der Gäste bereit machen für Ihre Weiterreise und erreichen die Infirmerie im Norden. Wir betreten einen kleinen hohen Raum an den sich nach Osten ein Flur mit abgehenden Kammern anschliesst, nicht unähnlich dem Dormitorium aber mit der Möglichkeit Schlösser an den Türen anzubringen. Nach Westen befindet sich ein weiterer Flügel, an dem im Augenblick noch gebaut wird. Handwerker sehen kurz auf und Blicken aus dem im Bau befindlichen Flügel herüber als wir den Raum betreten, wenden sich aber gleich wieder Ihrer Arbeit zu.
"Es ist die Kammer am Ende des Ganges." sage ich und deute nach Osten den Gang entlang. Licht fällt durch das Fenster am Gangende, unter anderem auf zwei Männer die auf dem Boden kauern. Einer trägt Kleidung die eindeutig maraskanisch aussieht.
Wir gehen den Gang entlang und ich bleibe mit fragendem Blick vor Ihnen stehen.
Es war kein lauter Schrei, eher ein schmerzerfülltes Winseln, als Ruhollar zu Boden sank. Auf Joolayns Bitte hin folgte ich den Männern, die Salkya wegtrugen. „Ich hoffe sie ist nicht sauer“, dachte Layla, als sie sich noch einmal an den Moment zurückerinnerte zudem auch sie gezwungen war, Salkya niederzuschlagen. Sie folgte den Männern, einen dunklen Flur entlang, und traurig drangen die Geräusche Salkyas zu ihr vor, die noch immer versuchte sich zu wehren. „Ich hoffe sie schafft es nicht sich zu befreien....ich will sie nicht noch mal niederschlagen müssen...“, dachte sie, von Schuldgefühlen geplagt. Ihre Gedanken schweiften ab, „wo bleibt nur Joolayn? Hoffentlich geht es Ruhollar bald besser. Es ist so dunkel und verlassen hier...wie weit ist es wohl noch?“ Kurz darauf sah sie eine große schwere Eichentür. Sie waren angekommen. „Ihr müsst nicht mit reinkommen, wartet draußen, werte Magierin“, sagte einer der Männer der mitgegangen war. „Es ist wohl besser so“, murmelte Layla, die schon von den Gedanken an das was in dem Raum geschieht ein Schauer über den Rücken kroch. „Hoffentlich tun sie ihr nicht weh“, dachte sie. Mit einem Knarren und einem Knall fuhr die schwere Tür ins Schloss und brachte Layla aus ihren Gedanken in die Realität zurück. Die Männer verriegelten die Tür und erklärten Layla, dass Salkya am nächsten Tage geholfen werden würde. Dann verschwanden sie im dunklen Korridor. Layla war ganz alleine zurückgeblieben.
Rasch machte sie sich auf den Weg Joolayn zu finden, und schon am anfang des Korridors traf sie auf ihn. Noch geschockt von den beunruhigenden Begebenheiten und Salkyas Situation zeigte sie ihm schweigend den Weg. Joolayn schien ihr sichtlich bestürzt über Salkyas Aufenthaltsort und als er auf die Knie sank umarmte sie ihn. „Könnte ich ihm doch nur helfen...“, dachte sie, und hoffte es wäre alles weniger schlimm als es aussieht. Kurz darauf machte sie sich mit Joolayn auf die Suche nach Ruhollar, der allerdings nicht leicht aufzufinden war. Nach stundenlanger Suche fanden sie ihn dort, wo schon der letzte Weg endete, vor Salkyas Tür.
Er war schon eingeschlafen. Erst jetzt merkte Layla, wie müde sie war. Joolayn kannte sie sehr gut, und musste es auch gemerkt haben, und auch wenn es ihr schwerfiel, ging sie auf seine Bitte hin schlafen.
Am nächsten Morgen wurde Layla blitzartig wach, als sie merkte, dass die Sonne in den nächsten Minuten aufgehen musste. Also schnappte sie sich schnell ihren Stab, und macht sich rasch auf dem Weg zu der schweren Tür. Als sie ankam hörte sie schon Ruhollars Stimme, er musste mit Joolayn sprechen.
Doch da hörte sie jemanden hinter sich und etwas ängstlich versteckte sie sich hinter einem Vorhang und lies die Personen unbemerkt an sich vorbei gehen. Sie folgte den Gestalten unauffällig und als die Personen in den Raum eintrat, indem Joolayn und Ruhollar waren, lösten sich ihre bedenken in Luft auf.
„Eh, ja, ich mache mich gleich auf den Weg“, sagte Joolayn etwas verunsichert zu Ruhollar. Da hörte er Schritte, jemand muss auf dem Weg hierher sein. Da sah er drei Gestalten in den Raum treten, und gleich dahinter Layla, seine Laune hebte sich erheblich, sodass er Ruhollars Bitte schon vergessen hat.
„Joolayn!“, fiel Layla Joolayn in die Arme und umarmte ihn, als wäre sie Tage von ihm getrennt gewesen. Die Einsamkeit der letzten Nacht zeigte erst jetzt Wirkung. Nach einer kurzen Besinnung wendete sie sich Ruhollar zu, „Seid gegrüßt, alter Freund. Ich hoffe die Nacht war nicht zu kalt für euch.“, und mit einer eleganten Bewegung schwang sie sich ihren Firnelfen-Umhang um und festigte ihn auf die übliche Weise. Vor lauter Freude hatte sie die drei Männer, denen sie gefolgt war, gar nicht mehr wahrgenommen.Von der schweren Eichentür, die selbst im Glanz der aufgehenden Sonne nicht schöner zu scheinen schien, wurde Layla langsam in die Realität zurückgedrängt und mit trauriger Stimme sagte sie, „Ist sie noch immer dadrin? Wird sie noch lange dadrin gefangen sein?“
Auch Joolayn war nun wieder auf den Boden der Tatsachen zurückgekehrt und auch wenn er die ganze Nacht Wache gehalten hatte, fühlte er sich schlecht, da er Salkya weder beistehen, noch helfen konnte, und das nach allem was bereits geschehen war. Er war sehr betrübt und hoffte, dass ihr bald geholfen werden könnte. "Seid gegrüßt, meine Herren, werdet ihr Salkya nun freilassen?", fragte Joolayn die neu hinzugekommen Männer.
Bruder Waldemar dreht sich etwas verwundert um, um zu schauen, ob noch weitere Personen in seinem Rücken durch den Gang schleichen und denkt sich dann:
Manchmal ist es schon komisch, wie sich einige Leute benehmen. Es ist doch nicht normal drei Boron-Geweihten hinterherzuschleichen und dann einfach ohne ein Grußwort aufzutauchen.
Er wendet sich der versammelten "Meute" zu, hebt die linke Augenbraue und spricht dann:
"Boron zum Gruße, werte Leute. Es scheint sich hier vor Salkyas Zelle schon eine "Ehrenwache" eingefunden zu haben, die über ihren Schlaf wachen möchte. Darf ich erfahren, mit wem ich es zu tun habe? Insbesondere die junge Dame, die uns Brüdern im Geiste so nachschleicht, möge sich erklären! Den werten Herrn Ruhollar, habe ich ja bereits flüchtig kennengelernt, aber die beiden anderen sind mir fremd. Bruder Menekath sind es Angestellte Eures Hauses, oder sind sie ebenso Gäste, wie viele andere, Bruder Haldor?"
Layla wendet sich den drei Geweihten Borons zu und wird leicht rot als ihr klar wird wie respektlos sie sich ihnen gegenüber verhalten hatte. Nachdem sie sich erschrocken hinter dem Vorhang versteckt hatte und merkte wohin die Geweihten wollten, war sie ihnen sofort gefolgt um zu erfahren ob in der Nacht etwas geschehen war und hatte danach vollkommen vergessen die ehrenwerten Herren zu begrüssen. "Ich bitte vielmals um Verzeihung, werte Herren. Ich hatte nicht vor Euch nachzuschleichen, ich war nur so abwesend in meinen Gedanken. Mein Name ist Layla Chaos und ich bin nur eine der vielen Gäste dieses Sanatoriums. Ich habe einen grossteil des Leidensweges von Salkya mitbekommen und war dabei als man sie gestern weg brachte. Ich bin eine noch recht unerfahrene Magierin und habe an der Akademie der Geistreisen studiert, aber wenn ich auf irgendeine weise behilflich sein kann saget mir bitte bescheid" sagt Layla anfangs leicht verlegen und sieht danach Joolayn an.
Joolayn war noch leicht verschlafen und auch deutlich verwundert, dass er von niemandem in Erinnerung behalten wurde.
"Ich bin Joolayn Moonray", sagt er mit einer leichten Verbeugung, "ich bin ein Akoluth im Dienste unserer jüngsten Göttin Tsa.
Auch ich habe viel Zeit und Gespräche mit Salkya verbracht und sie auch in schweren Stunden betreut. Obwohl es mir nicht gelungen war, ihr erfolgreich zu helfen, konnte ich zusammen mit Ruhollar und Layla zumindest das Schlimmste verhindern, was letztenendes ihren Schutz hinter dieser Tür zur Folge hatte. Ich hoffe mit Eurer Hilfe werden wir Salkya nun endlich helfen können."
Ich komme nicht mehr dazu etwas zu sagen, die junge Frau kommt mir zuvor. Ich blicke auf die Tür hinter der sich Salkia verbirgt und fingere an meinem Bund während die anderen sprechen. Welcher dieser Schlüssel war es?
"In der Tat ist keiner der Anwesenden eine Angestellter unseres Hauses Bruder Waldemar." erwiedere ich dem Bruder, als eine kleine Pause entsteht. Ich habe den Schlüssel gefunden.
Ich runzle die Stirn und blicke auf den Maraskaner der sich noch nicht geäussert hat. Ich wende mich der kleinen Gruppe wieder zu.
"Eure Anteilnahme an Salkyas Schicksal ehrt euch," entgegne ich den Dreien "aber ich weiss nicht ob Ihr ihr zu diesem Zeitpunkt helfen könnt. Vielleicht wartet Ihr besser hier oder im Vorraum. Bruder Waldemar?"
Ich blicke Bruder Waldemar an und halte den Schlüssel zu Salkyas Zimmer hoch. Das Bund klirrt leise und ich habe den Eindruck das für einen Moment alle Blicke auf den Schlüssel gerichtet sind.
Als Ruhollar den Schlüssel der Zelle erblickt kann er sich kaum beherrschen zuzugreifen um das Schloss zu öffnen. Als er die Worte der werten Bruderschwester hört, traut er seinen Ohren kaum. Was zurückbleiben? Das kann nicht der Ernst der Bruderschwester sein. Wut steigt in ihm auf. Seine Hände und Beine fangen, kaum merklich, an zu zittern. Ein Rauschen wie von Golgaris Schwingen erfüllt seine Ohren.
Er wendet sich an Bruder Haldor.
„Werte Bruderschwester. Ich werde bestimmt nicht vor dieser Kammer verweilen. Ich habe der werten Bruderschwester geschworen in ihrer Not beizustehen. Und ich werde mich gewiss nicht zurücklehnen wenn sie meine Hilfe benötigt. „
Entschlossen tritt Ruhollar näher an die Tür.
Joolayn ist von Ruhollars Entschlossenheit ermutigt und wendet sich ebenfalls an Bruder Haldor.
"Dem möchte ich mich anschliessen, wir haben zuviel gemeinsam durchgestanden, als dass wir jetzt hier zurückbleiben könnten."
Etwas nervöser und von der eben aufgestiegen Entschlossenheit verlassen fügt er noch hinzu:
"Ausserdem wird sie sicher sehr einsam sein...bestimmt freut sie sich über ihr bekannte Gesichter"
Etwas unsicher rückt er näher an Layla und verstummt, während sein Blick auf die Tür fällt.