Nach bewegten Tagen und einer sehr unruhigen Nacht kehrte rasch wieder Ruhe in die Mauern des Klosters ein. Der Nekromant war gebannt und das Böse durch den gemeinsamen Kampf vieler und das heldenhafte Opfer eines einzelnen vorerst besiegt.
Die Gemeinschaft fiel erschöpft von den Ereignissen des Tages nach einer kurzen Zeit des Feierns rasch in einen tiefen, borongefälligen Schlaf. Eine erfüllte Ruhe überkam die Gemeinschaft. Selbst die aufmerksamsten Wachen wurden von Müdigkeit übermannt und schlossen die Augen, bis keiner mehr wachte und sah, was in dieser Nacht in den Mauern des Klosters geschah.
Mit der sanften Morgenröte des neunten Tages im Mond des Herrn Ingerimm erwachte die Gemeinschaft zu neuem Leben. Die Luft war erfüllt von dem süßen Duft des Frühling, überall blühten Blumen in den herrlichsten Farben und schillernde Schmetterlinge flatterten umher.
Still war es in den Mauern des Klosters. Vereinzelt sah man Bedienstete ihrem Tagewerk nachgehen, doch das emsige Treiben der Klosterbrüder war verstummt.
Im Tempel fanden sich die beiden Schlüssel zum Eingang in die Krypta und der große Schlüssel zum Haupttor vor dem Altar niedergelegt. Der in roten Samt eingeschlagene Edikt des Silem Horas lag aufgeschlagen auf dem Altar. Den wahren Edikt mit den goldenen Seiten hatte die Heilige mit sich genommen. Und weder der Stab der St. Verita noch ihre Urne oder ihr Schrein konnten gefunden werden. Allein das ewige Licht Tempels leuchtete ungetrübt und erfüllte die Hallen mit göttlicher Ordnung und Kraft.
Am Tag nach dem Gedenken an St. Verita und die ganzen Geschehnisse in den Stunden danach, verließen die Gäste des Klosters in den Bergen, eben jenen Ort der das Tor zur Wahrheit genannt wurde, beinahe ebenso schnell, wie sie in den Tagen zuvor binnen weniger Stunden eingetroffen waren. Ihre Schritte führten sie in all jene Himmelsrichtungen, die ihr Sinn sie zog.
Nur wenige blieben zurück, um das Fundament der neuen Gemeinschaft zu festigen.
Die Entscheidung war gefallen und die Gemeinschaft war aufgebrochen, sich dem Nekromanten und seinen Namenlosen Kreaturen im Kampf zu stellen. Während der Kampf heftig auf dem nahen Hügel tobte, kniete Laurenzio einsam im Tempel.
Der Praetor, dessen Blick auf das Wappen des Ordens gerichtet war, spürte gähnende Leere in sich. All die Jahre der Wacht, die schwere Bürde auf den Schultern, in Einsamkeit gebunden durch einen heiligen Eid. Zweifel schlichen sich in seine finsteren Gedanken. Sollte alles sinnlos gewesen sein? Sollten die einsamen Stunden vergessen sein? Durch die Entscheidung, die Fremde getroffen hatten?
Jeglicher Lebenswille schien verloren und der Gedanke, sich im Feuer der Gnade der Zwölfe zu übergeben, war fast eine Verlockung geworden. Könnte seine geplagte Seele doch endlich Frieden finden! In dieser dunklen Stunde hielt Laurenzio Zwiesprache mit dem vertrauten Geist der Heiligen seines Ordens, und sie sprach zu ihm:
"Niemals war deine Wacht vergebens! Nur durch dich und deine Brüder und Schwestern konnten meine Asche und die Wahrheit all die Jahre vor Namenlosem Einfluss bewahrt werden. Und auch wenn die Gemeinschaft in dieser Nacht obsiegt und das Opfer eines einzelnen das Böse noch einmal abzuwenden vermag, so bleibt die Gefahr dennoch bestehen. Die Diener des Rattenkindes werden auch künftig alles daran setzen, Zwietracht zu säen und der Zwölfgöttlichen Gemeinschaft zu schaden. Deine Wacht und die deiner Brüder und Schwestern ist daher noch nicht beendet. Ich nahm die Wahrheit an mich, um sie zu bewahren, doch mein Geist ist gebunden an Stab, Asche und Schrein und daher angreifbar. In diesen Mauern wird bald neues Leben blühen. Doch es bringt nicht nur Licht, sondern auch Schatten mit sich. Dieser Ort ist nicht mehr sicher. Der alte Eid ist heute erfüllt. Nun gilt es, einen neuen zu schwören."
Da erhob Bruder Laurenzio seine Hand zum Schwur und erneuerte seinen Eid. Ihm taten es alle Klosterbrüder und Schwestern gleich.
Noch tief in der Nacht und unter dem Schutz der Dunkelheit versammelten sich die Mitglieder des Ordens im Tempelraum um ihren Praetor. Nach einem kurzen Gebet zu Praios und der Heiligen St. Verita begannen sie, in aller Stille ihre Sachen zu packen. Wenig später verließen sie gemeinsam mit einigen getreuen Bediensteten das Kloster, in dem sie all die Jahre im Namen Praios gedient hatten. Der Praetor hielt den Schrein in seinen Händen, der Karmarius trug eine Urne bei sich und der Kammerarius hatte einen seltsamen Stab auf den Rücken geschnallt. Sie folgten den Strahlen der Sonne in die Weiten der Gebirge. Der Praetor führte sie dem Willen der Zwölfe folgend auf verborgenen Pfaden zu einem neuen Ort, an dem der Geist der Heiligen vor Namenlosen Einflüssen geschützt werden soll, so, wie es von der Gemeinschaft beschlossen worden war.
Und Ruhe kehrte in die Mauern des Klosters ein. Bis zum Sonnendank waren die meisten Ecken schon wieder hergerichtet und gereinigt, als durch die hohen Hallen Alverans ein spitzbübisches Lachen erschall. #
Phex stand grinsend vor Tsa und hielt ihr die Hand entgegen, den Wetteinsatz zu fordern. „Ich habe doch gesagt, dass die Sterblichen noch nicht bereit sind für die Wahrheit. Ihre Zeit für Deinen Neuanfang ist noch nicht gekommen.“
Hesinde stand mit betrübtem Blick daneben und musste bekennen, dass sie auch gehofft hatte, dass die Menschen bereits weiser wären. Aber es hatte sich gezeigt, dass erst wenige unter ihnen mit klugen Gedanken die Möglichkeiten erfasst hatten.
Praios gesellte sich neben Hesinde und sagte: „Gräm Dich nicht. Ich bin es ja in all den Dekaden schon gewohnt, dass meine Anhänger so manches Mal in feurigem Eifer entbrennen. Auch Du wirst Dich mit diesem Treiben unter Deinen Dienern arrangieren müssen.“
So wurde noch manches Wort gewechselt und tief in den Stunden der Nacht wurde ein Ratschluss der Zwölfe in Alveran gefasst. Der Entschluss der Gemeinschaft wurde trotz allem Zwists gut geheißen, denn es lag nicht nur Uneinigkeit darin, sondern auch Verantwortung, wie sie jeder auf seine Weise verwirklichen und tragen wollte. Und es oblag nun der Gemeinschaft, ihrer Aufgabe nachzukommen, einen Bund zu gründen, wie sie es beschlossen hatten, und einen Weg zu finden, ihre derischen Brüder und Schwestern eines Tages durch das Tor zur Wahrheit zu geleiten.
Doch bis zu diesem Tag sollte die Wahrheit weiterhin geschützt werden. Dies zu tun sollte Aufgabe der Klosterbrüder sein, die schon so lange mit Weisheit und Pflichtgefühl ihre Aufgabe erfüllt hatten. Als neuerliche Waffe wurde ihm der Laib Alverans überantwortet, damit der Orden St. Veritas sich gegen die dunklen Mächte besser erwehren könne.
(10.05.2016, 08:34)Janne schrieb: [ -> ]Nur wenige blieben zurück, um das Fundament der neuen Gemeinschaft zu festigen.
Hochwürden Franca gehört zu denen, die bleiben. Müde und zerschlagen von den ungewohnten Strapazen legt sie sich zu Bett, doch zur Ruhe scheint sie nicht zu kommen. Die Augenlider zucken die ganze Nacht hindurch selbst in tiefstem Schlaf, und der Atem geht tief wie bei einer Dauerläuferin. Irgendwann in der Nacht beginnen die Augen zu tränen und hören nicht auf, bis sie am nächsten Morgen ruckartig erwacht.
Die heißen Tränen fließen noch immer über ihre Wangen, als sie vom Aufstehen fließend in den Schrein in der Bibliothek des Klosters eilt und sich dort auf die Knie wirft.
"Danke, oh Herrin der Erkenntnis, dass du mir die Erinnerung schenkst", mumelt sie, die Hände zur Geste der Lernenden ausgebreitet. "Ich werde niemals vergessen."
Sie verbringt den Rest des Sonnenrades im Gebet auf den Knien.
Als die Sonne untergeht, erhebt sie sich und sucht jene auf, die noch verweilen. "Lasst uns beginnen - es gibt viel zu tun. Die Herrin der Vollkommenheit ist mit uns."
Nach dem Kampf in der letzten Nacht ist Jarla recht bald schlafen gegangen und so wundert es nicht, dass die Helligkeit des neuen Tages sie früh wieder nach draußen lockt. Die morgendliche Stille war angenehm, aber doch fehlte etwas. Sollten die Klosterbrüder nicht eigentlich ihre Gebete halten? Sie lenkt ihre Schritte in Richtung Tempel und betritt kurz darauf das Haus des Sonnengottes. So viele Stunden, wie sie in den letzten Tagen hier verbracht hat, bemerkt sie schnell die fehlenden Gegenstände. Und auch wenn sich Sorge in ihr Gemüt schleicht, ist sie sich dennoch auf unerklärliche Weise bewusst, dass die Dinge so sein sollen, wie sie sind.
Sie verlässt den Tempel und schließlich das Kloster. Vor den Mauern findet sie Spuren; kaum ein paar Stunden alt, würde sie schätzen. Still folgt sie ihnen ein Weile, hält aber irgendwann inne. Ahnung überkommt sie, dass die Fährte bald spurlos verschwinden wird; dass sie wahrscheinlich nur da war, um zu zeigen, dass die kleine Gruppe freiwillig gegangen ist. Zwischen einigen Bäumen kniet die Geweihte zum Gebet nieder. Still bittet sie für den Prätor und seine Begleiter, dankt den Göttern für den gestrigen Sieg und hofft darauf, dass die neuen Erkenntnisse kein Chaos über die Welt bringen.
Nach bestimmt zwei Stundengläsern erhebt sich Jarla wieder und kehrt zurück zum Kloster; wo sie sich, wie auch in den letzten beiden Tagen, einen ruhigen Platz sucht, von dem aus sie ihren wachsamen Blick schweifen lassen kann. Sie wartet auf ihre Mutter und ihren Bruder, um zu beraten, wie es jetzt weiter gehen soll.
(10.05.2016, 11:25)Lena schrieb: [ -> ] (10.05.2016, 08:34)Janne schrieb: [ -> ]Nur wenige blieben zurück, um das Fundament der neuen Gemeinschaft zu festigen.
Hochwürden Franca gehört zu denen, die bleiben.
Als die Sonne untergeht, erhebt sie sich und sucht jene auf, die noch verweilen. "Lasst uns beginnen - es gibt viel zu tun. Die Herrin der Vollkommenheit ist mit uns."
Wer bleibt denn noch?
Sehr früh schon hatte Goswin Neisbeck die Diskussion nach der Öffnung des
Tores zur Wahrheit verlassen.
Nichts bis wenig würde diese Wahrheit ändern. Und, sollte sich etwas ändern? Nein, nicht so. Denn selbst wenn das Orakel wirklich Recht hatte, so waren doch, wie von ihm geweissagt, die Völker Aventuriens noch lange nicht bereit, den beschriebenen Weg zu gehen. So zumindest Goswin Neisbecks Ansicht.
Und ansonsten: wer sagt denn, dass nicht in ein paar Jahrhunderten ein anderes Kloster, noch abgelegener im Ehernen Schwert entdeckt würde, in dem sich die noch wahrere Wahrheit in der 5. und 6. Kopie des Silem-Horas-Ediktes befände, oder oder?
Ihm war klar, dass es Wahrheiten gibt, die ein einfacher Sterblicher nie würde ergründen können - und das war der Lauf Deres, und das war vermutlich auch gut so.
Schon am nächsten Morgen brach er mit der Reisegruppe um die Magister der weißen Gilde auf, tiefer hinein in den Raschtulwall bis zum legendenumwobenen Drakonia! neuen Abenteuern und neuen Erkenntnissen entgegen.
(10.05.2016, 11:25)Lena schrieb: [ -> ] (10.05.2016, 08:34)Janne schrieb: [ -> ]Nur wenige blieben zurück, um das Fundament der neuen Gemeinschaft zu festigen.
Hochwürden Franca gehört zu denen, die bleiben.
Sie verbringt den Rest des Sonnenrades im Gebet auf den Knien.
Als die Sonne untergeht, erhebt sie sich und sucht jene auf, die noch verweilen. "Lasst uns beginnen - es gibt viel zu tun. Die Herrin der Vollkommenheit ist mit uns."
Auf Francas Kopfkissen findet sich ein Zettel.
"Ich komme zurück."
Farah ist nicht unter denen, an die Hochwürden ihre Worte richtet.
Ihr Bett ist unberührt.
(10.05.2016, 08:35)Janne schrieb: [ -> ]Noch tief in der Nacht und unter dem Schutz der Dunkelheit versammelten sich die Mitglieder des Ordens im Tempelraum um ihren Praetor. Nach einem kurzen Gebet zu Praios und der Heiligen St. Verita begannen sie, in aller Stille ihre Sachen zu packen. Wenig später verließen sie gemeinsam mit einigen getreuen Bediensteten das Kloster, in dem sie all die Jahre im Namen Praios gedient hatten.
Der Praetor führte sie dem Willen der Zwölfe folgend auf verborgenen Pfaden zu einem neuen Ort, an dem der Geist der Heiligen vor Namenlosen Einflüssen geschützt werden soll, so, wie es von der Gemeinschaft beschlossen worden war.
Der Kampf war gekämpft. Das Opfer gebracht. Die Becher geleert.
Stille war ins Kloster eingekehrt, und Farah wanderte im Schatten der alten Bäume und unter den Sternen.
Und während die Stunden der Nacht verrannen und das Licht des Morgens näherrückte war ihr, als würde der sanft aufsteigende Frühlingsnebel am Boden Wege und Stege verhüllen, bis sie auf einer weiten Fläche mannigfaltiger Schattierungen von Grau dahinstrich.
Doch nach und nach schien sich die graue Weite zu verengen, Schatten wuchsen mal links, mal zur Rechten ihres Pfades, bis sie das Gefühl hatte, auf einem schmalen Grat zu stehen.
Wohin führt nun der Weg?
Von nun an werde ich mich immer fragen, ob ich nicht genau dem Pfad folge, der mich dazu gebracht hat, zu tun, was ich schon einmal getan habe.
Ist das die Strafe für den Frevel?
Oh Baal Al'Leila, Herr der Nacht, ist es das, was du mich lehren willst?
Dass kein Vorsatz, kein Schwur, kein noch so fester Wille uns die Sicherheit geben kann, auf dem rechten Weg zu sein?
Aber wie soll ich noch je einen einzigen Schritt in irgendeine Richtung tun, wenn der Zweifel schon jetzt meinen Fuß zittern lässt?
Statt einer Antwort aus dem Nebel oder der Mitte des gestirnten Himmels vernahm sie ein leises Geräusch von jenseits des nächsten Hügels.
Vorsichtig lenkte sie ihre Schritte durch die Schatten unter den Bäumen, bis sie den Hügelkamm erreichte und in ein schmales Tal spähte, in dem sich eine Reihe von Menschen aus der Richtung des Klosters her gen Sonnenaufgang bewegte. Im Licht der verblassenden Sterne erschien selbst das rote Gewand des Abtes grau.
Sie ließ den Pilgerzug unter sich vorüberziehen und verharrte noch eine Weile im Schatten des Berghanges. Erst nachdem alle Geräusche verklungen waren, begann sie verstohlen, dem Weg der Wanderer zu folgen, von Zeit zu Zeit innehaltend, um an Baum oder Fels eine nur für ihre Augen sichtbare Spur zu hinterlassen.
Als die letzten Sterne verblassten und die Spur der heimatlosen Hüter sich auf dem felsigen Boden verlor, brachte sie ein letztes Zeichen an und legte sich auf dem nackten Boden nieder.
Stunden später erwachte sie, hungrig, mit steifen Gliedern. Eine erwartungsvolle Ruhe lag über der nachmittäglichen Berglandschaft, während sie den Rückweg zum Kloster antrat, sorgfältig die Spuren, welche der Pilgerzug in Staub und Erde hinterlassen hatte, verwischend.
(10.05.2016, 14:13)Farah schrieb: [ -> ] (10.05.2016, 11:25)Lena schrieb: [ -> ] (10.05.2016, 08:34)Janne schrieb: [ -> ]Nur wenige blieben zurück, um das Fundament der neuen Gemeinschaft zu festigen.
Hochwürden Franca gehört zu denen, die bleiben.
Als die Sonne untergeht, erhebt sie sich und sucht jene auf, die noch verweilen. "Lasst uns beginnen - es gibt viel zu tun. Die Herrin der Vollkommenheit ist mit uns."
Wer bleibt denn noch?
Zirabina bleibt auch und geht mit Heiterkeit & Feuereifer daran den neuen Orden aufzubauen. Schon nach ein paar Tagen jedoch wünscht sie sich sehnlichst eine Ablösung und hofft auf baldiges Eintreffen von anderen Geweihten der Tsa aus Punin, die ihre Kollegin hoffentlich überreden konnte sich zum Kloster aufzumachen. Denn die ewigen Diskussionen, teils recht heftig geführt, gehen weiter und zehren an ihren Nerven.
Zahrasadja erwachte durch die ungewohnte Stille des Morgens. Kein Gebet, kein Gesang zog an ihrem Fenster vorbei und das ließ sie trotz der bleiernden Müdigkeit nach den körperlichen und seelischen Strapazen der vergangenen Tage sofort aufstehen.
Schnell war ihr klar, daß die Klosterbrüder und -schwestern diesen Ort aufgegeben hatten. Die Insignien der Heiligen Verita waren nicht mehr an ihrem Platz, doch niemand schien deshalb beunruhigt zu sein. Traurigkeit mischte sich in ihr stilles Gebet und ihr Blick ruhte immer wieder vergeblich auf dem Ort, an dem der Stab der Magistra gestanden hatte.
Sicherlich war es besser so, denn wie sie Farik schon am Abend der Offenbarung gesagt hatte: solche Wahrheiten hätte man vielleicht in Rashdul verbreiten können, wo seit Jahrtausenden Alte und Neue Götter nebeneinander verehrt wurden. Es hätte die Menschen nicht gestört, denn niemand fragte danach, wen sein Nachbar anbetete, oder wer höher oder mächtiger unter den Unsterblichen sei. Somit wäre für jeden einzelnen nur das eigene Erleben und Wirken ihrer Götter in ihrem Leben von Belang, und da machte es keinen Unterschied, ob Praios nun der jüngste war, oder nicht. Aber aus leidvoller Erfahrung wußte sie, daß die Mittelreicher das sehr anders sahen. Insofern war sie bereits erleichtert, daß es hier nicht über dem Disput zu Blutvergießen gekommen war.
Bleiben konnte sie nicht, und sie hoffte fast, seine Gnaden Sonnfried noch in Punin einholen zu können, auch wenn das bedeutete, daß sein Gesundheitszustand sich verschlechtert hatte. Die Vorstellung, die ganze Reise bis nach Gareth den Legaten der Inquisition zu begleiten, ließ sie erschauern. Aber bis Punin würde ja Shanja Rahjaela zugegen sein und die Zuckerbäcker würden sich vor ihnen in Acht nehmen müssen!
Hilberian drehte sich noch einmal im Sattel um und schaute zum Kloster zurück. Dabei ließ er seinen Blick über ihre illustre Reisegruppe schweifen und schüttelte über sich selber verwundert den Kopf. Dann aber fing die Spitze des Tempels seinen Blick ein und er dachte noch einmal über die vergangenen Tage und die Zukunft nach. Es wunderte ihn nicht, daß die Brüder und Schwestern unter Führung des Priors das Weite gesucht und alle Beweise für die Häresie aus diesem Ort entfernt hatten. Sie glaubten daran, daß sie tatsächlich in Praios' Willen handelten und das diese Magierin tatsächlich eine Heilige sei, aber sie wußten auch, daß die Kirche das nicht so sehen würde.
Hilberian würde in seinem Bericht ein gutes Wort für die Brüder und Schwestern einlegen, denn wenn sie gefasst waren, dann wollte er nicht für ihren Tod verantwortlich sein, denn diesen hatten sie seiner Meinung nach nicht verdient.
Er wandte seinen Blick wieder vom Kloster ab, denn die anderen hatten aufgeschlossen und es ging weiter. In seinem Kopf rangen nun die Formulierungen für seinen Bericht an die hl. Inquisition miteinander und das würde auch noch eine ganze Weile so bleiben.
Schweigend wanderten Schwester Daria und Bruder Barch unter Praios Antlitz, die Kapuzen tief in die Gesichter gezogen um sich vor der Sonne zu schützen.
Golgarath und sein Bruder Boromil waren bereits einige Schritte vorausgeeilt; den schweren Rabenschnabel und die Totengräberschaufel in Händen sicherten sie die kleine Prozession nach vorne ab.
„Gambal?“, fragte Boromil.
„Mein Name ist Golgarath!“
„Golgarath? Wohin gehen wir eigentlich? Ich hab es vergessen."
Nachden klar war, dass sie heute noch nicht wieder abreisen würden, hat Jarla noch ein wenig geholfen das Durcheinander der letzten Tage zu beseitigen. Am Nachmittag hat sich die Geweihte aber wieder nach draußen in die Wälder begeben. Ihr Bedürfnis nach Ruhe und der trauten Zweisamkeit mit ihrem Herrn zog sie regelrecht hinaus.
Irgendwann, die Dunkelheit löst gerade die Abenddämmerung ab, wird sie Farah gewahr und beobachtet sie eine Weile, wie diese die Spuren der Klostergemeinschaft verwischt. Jarla packt die paar gefundene Wurzeln und Beeren zusammen, klettert in einem kleinen Bogen den Hang hinab und wartet an der nächsten Kurve auf die Frau. Mit einem absichtlichen Knacken einse trockenen Astes macht sie auf sich aufmerksam, bevor sie schließlich grüßt: "Guten Abend." Einen Moment mustert sie Farah: "Darüber..." sie nickt kurz in Richtung der Bemühungen die Spuren zu verwischen, "... habe ich auch schon nachgedacht." Ohne ein weiteres Wort reicht sie der anderen etwas zu trinken und, so sie mag, auch ein wenig zu essen.
Nachdem klar war, dass sie heute noch nicht wieder abreisen würden, hat Jarla noch ein wenig geholfen das Durcheinander der letzten Tage zu beseitigen. Am Nachmittag hat sich die Geweihte aber wieder nach draußen in die Wälder begeben. Ihr Bedürfnis nach Ruhe und der trauten Zweisamkeit mit ihrem Herrn zog sie regelrecht hinaus.
Irgendwann, die Dunkelheit löst gerade die Abenddämmerung ab, wird sie Farah gewahr und beobachtet sie eine Weile, wie diese die Spuren der Klostergemeinschaft verwischt. Jarla packt die paar gefundene Wurzeln und Beeren zusammen, klettert in einem kleinen Bogen den Hang hinab und wartet an der nächsten Kurve auf die Frau. Mit einem absichtlichen Knacken einse trockenen Astes macht sie auf sich aufmerksam, bevor sie schließlich grüßt: "Guten Abend." Einen Moment mustert sie Farah: "Darüber..." sie nickt kurz in Richtung der Bemühungen die Spuren zu verwischen, "... habe ich auch schon nachgedacht." Ohne ein weiteres Wort reicht sie der anderen etwas zu trinken und, so sie mag, auch ein wenig zu essen.
Das Knacken eines trockenen Zweiges zerbricht die Stille des Abends und Farahs Kopf ruckt hoch. Als sie Jarlas gewahr wird, erhellt ein leises Lächeln ihre von Müdigkeit gezeichneten Züge und Farah begrüßt die Firundienerin mit einem Nicken.
Dankbar greift sie nach der Wasserflasche, doch als sie sieht, dass Jarla auch ein bescheidenes, aber freundliches Mahl in den Händen hält, tritt sie, die Flasche noch in den Händen, auf einen niedrigen Stein abseits des Weges zu, fegt mit der Hand darüber, um ihn von altem Laub zu reinigen und stellt die Flasche darauf ab. Dann lässt sie sich auf der Kante des Steins nieder und wartet, bis Jarla ihre Gaben darauf angerichtet hat. Die Phexdienerin scheint nicht viel vom Essen im Stehen zu halten.
Erst, wenn Jarla sich ihrerseits niederlässt, sagt sie leise :"Firuns Gabe, Travias Dank."
Dann greift sie zu, nimmt ein paar Beeren, kaut bedächtig auf einer Wurzel, trinkt noch einen Schluck Wasser.
Die Dunkelheit sinkt herab, die Schatten unter den Bäumen vertiefen sich. Über den Baumwipfeln blinken die ersten Sterne.
"Sie sind fort", sagt sie dann leise. Ihre Stimme klingt traurig, ihr Gesicht liegt im Schatten.
"Und nein - ich weiß nicht, wo sie hin sind."
Mit einem schiefen Lächeln blickt sie Jarla an. "Wessen Idee das immer war - das Vertrauen hat wohl nicht ausgereicht..."
Als Franca am nächsten Morgen erwacht, ist es nicht, weil sie zum Morgengebet gerufen wird, sondern weil es fehlt. Schnell steht sie auf und eilt, nur halb ordentlich bekleidet, in den Tempel.
Als sie sieht, dass die Heiligtümer fehlen, fällt sie auf die Knie und ringt um ihre Fassung. "Herrin Hesinde, mach, dass das ein böser Traum ist."
Sie verbleibt lange so, Tränen rinnen über ihre Wangen.
Irgendwann erhebt sie sich fahrig und geht in den Nebenraum, wo der Altar der Allweisen noch immer aufgebaut ist. Hier betet sie wiederum und tritt dann deutllich gefasster aus der Türe.
Franca geht ziellos durch die leeren Hallen und Mauern, in denen sich Menschen auf den Aufbruch vorbereiten, wechselt mit manchen ein freundliches Wort. Schließlich endet sie wieder in der Schlafzelle. "Ich komme zurück" steht da auf einem Zettel auf Francas Kopfkissen. Sie musste ihn beim Aufstehen übersehen haben.
Franca lächelt. Der Satz erscheint ihr nicht wie eine Botschaft der Freundin, sondern wie eine Verheißung der Heiligen. Sie geht zurück in den Tempel; nein, in den Raum, der mal einer war. Dorthin, wo die Heilige erschienen war, richtet sie die Worte, halb geflüstert: "Ich habe Vertrauen. Es ist klug und weise, zu gehen. Doch in einem Jahr müssen wir bereit sein. Wir müssen einen neuen Raum für den Orden aufbauen. Einen, den nicht auch jene kennen, die nicht mit uns im Geiste sind. Jene, die sich an die alten Denkmuster und die alten Machtstrukturen klammern wie Kinder, die noch nicht bereit sind, den Rocksaum der Mutter loszulassen." Sie hebt die Augen und die Hände in der Geste der Lernenden.
"Ich bin bereit, Herrin, dein Werkzeug des Wandels zu sein. In einem Jahr werden wir bereit sein."
Draußen im Wald
Die Firuni hat sich ebenfalls eine der Wurzeln genommen, sich in das Laub am Boden gesetzt und lehnt sich an den Stamm eines Baumes. Auch sie scheint nicht wirklich glücklich darüber zu sein, dass die Klosterbrüder und Schwestern fort sind, aber sie kann es verstehen: "Vertrauen ist gut. ... Aber niemand der hier anwesenden wird das Kloster ernsthaft schützen können, wenn die kommen, denen nicht gefällt, was wir gestern erfahren haben. Die Jagd wird wahrscheinlich bald beginnen." Jarla schweigt eine Weile nachdenklich und lässt den Blick durch den rasch dunkler werdenden Wald schweifen: "Werdet Ihr hier bleiben?" fragt sie schließlich.
Draußen im Wald
Die Antwort der Graugekleideten kommt nicht sofort.
"Hm. - Ich habe etwas versprochen. ...Ich möchte sehen, was daraus wird - und ich habe tatsächlich Lust, diesen Orden mit aufzubauen. Jetzt", sie macht eine Kopfbewegung in Richtung des Weges, von dem sie gekommen ist, "umso mehr." Sie grinst.
"Außerdem habe ich noch viel mit Hochwürden Franca zu disputieren. Und *die* wird bleiben, das ist so sicher wie...", ihre Hand fährt in unbestimmter Geste gen Himmel, "...irgendwas, was abhanden kam."
Doch dann ist sie plötzlich ernst und verschränkt die Arme über den Knien.
"Aber Ihr habt recht. Die Jagd wird bald beginnen. Von daher ist wirklich zu fragen, ob wir an diesem Ort bleiben sollten. Wenn ja, müssen wir uns überlegen, wie wir ihn schützen können."
Sie blickt Jarla ins Gesicht. "Werdet *Ihr* bleiben?"
Draußen im Wald
"Wahrscheinlich nicht mehr sehr lang", erwidert Jarla ruhig. "Ich glaube ich brauche erst mal etwas Zeit für mich, zum nachdenken. Und ich habe einige Fragen, die man mir hier nicht beantworten kann. Aber ich habe vor wieder zu kommen. Allerspätestens wenn in einem Götterlauf das Buch übergeben wird." Bei diesen letzten Worten huscht Sorge über ihre Miene und es fällt ihr immernoch schwer, die Entscheidung, die letzte Nacht von der Mehrheit getroffen wurde, anzunehmen.
Draußen im Wald
"Das Buch..." Ein kleines, belustigtes Schnauben entfährt der Phexdienerin.
"Wie wir an das Buch wieder herankommen sollen, ist mir gerade eben so ein Rätsel wie vieles andere. Ich glaube nicht, dass sie es zurückgelassen haben."
Nach einer Pause fügt sie hinzu: "Zum Beispiel, wie viele von der vielbeschworenen Gemeinschaft jetzt tatsächlich bleiben werden, um den künftigen Umgang mit der neuen Wahrheit zu organisieren, wenn ebendiese Wahrheit sich heimlich wieder davongemacht haben sollte.
Und weiterhin... ach, was soll's." Sie schüttelt den Kopf. "Gute Jagd. Und Glück auf Euren Weg. Solltet Ihr hier in einem Jahr niemanden mehr vorfinden - nun, dann seid Ihr am ehesten diejenige, die vielleicht die Spuren zu lesen versteht."
Lautlos erhebt sie sich, ein Schatten in der tiefen Dämmerung unter den Bäumen.
"Dank Euch für die Stärkung. Werdet Ihr mit mir zurückkehren? Ich bin müde - und neugierig, wie sich die Dinge im Kloster weiter entwickelt haben. Wer noch da ist, zum Beispiel."