Eine Geschichte aus Darpatien
#2
"Erst viel später erinnerten wir, was wir in diesem Moment nicht wahrgenommen hatten: alle Öffnungen im obersten Stockwerk der Mühle waren seit einigen Wochen schon mit Brettern vernagelt und mit schwerem Tuch verhangen, so als solle der Herr Praios selbst nicht hineinsehen. Doch hatte sich der Stoff nicht wie von verborgener Hand bewegt? Und hatten wir nicht ein grausames Kichern von oben her vernommen?
Nun, was soll ich sagen, die Zeit schritt rasch voran und die Arbeit ist hart. Die alte Joska beruhigte sich und in den kommenden Wochen sprach bald niemand mehr offen über jenen Abend. Nur das nächtliche Rattern von Wagenrädern erinnerte gelegentlich noch an diesen Vorfall und ließ uns allen einen Schauer über den Rücken laufen. Und manche Nacht wehte gar ein schauriges Lachen von der Mühle ins Dorf herüber.

Im Morgengrauen des 1. Firunmondes fanden wir sie dann: Gundalina, die jüngste Tochter des Schmiedes. Sie lag in dem kleinen Gebüsch, dort, wo der Bach eine kleine Biegung macht. Ihr zerzaustes Haar trieb im klaren Wasser dahin. Grässlich anzusehen war der Anblick, so grässlich, dass er mich im Traum verfolgt! Die Kleidung war zerrissen, der Körper zerschunden und die Kehle war ihr herausgerissen. Ihre leeren Augen starrten angsterfüllt ins Nichts und sie war bleich wie weißer Mehlstaub, denn kein Tropfen Blut war mehr in ihr!"
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Eine Geschichte aus Darpatien - von Janne - 01.03.2009, 14:58
Eine Geschichte aus Darpatien, 2. Akt - von Janne - 02.03.2009, 19:41

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